Von einer collagen Poesie

Georg Büchner ist doch ein Weltdichter, der gehört doch allen, ist unser aller Poesie. Der ist doch in einem ganz großen Umfang schon Gemeinschaftspoesie. Da haben doch schon ganz viele Köpfe und Hände hineingeschrieben, weitergeschrieben. Da wo diese ins menschliche springt, kämpft, die eigene Eitelkeit auflöst. Den Eiter aus den Metaphern des Gewissens von Herz wie Seele, Geist und nous abfließen läst. Die Reparatur des menschlichen ermöglicht und Selbstbestimmt in Gang setzt. Setze auch hier ein Erbe, Mensch. In die Universen der Gehirne und Planeten zukünftigen Lebens. Papierdrachen, Teufel, Bestien, Banker, Habsüchtige; ihr ward schon immer Verlierer am satten Tisch, bedient, beopfert. Ein faulendes Fleisch das sich mit Eisenkraft und Mechanik dreht im Weltgeschehen. Eine Sonne stürzt und alles schmilzt.

Da ist doch das Fragment vom Woyzeck. Der schreit doch noch nach Erlösung. Der will doch noch Mensch werden. Der will doch kein tragischer Mörder bleiben. Da müssen doch noch Überheblichkeiten stürzen. Da sind doch Fragen. Wer da Konkurrenz eröffnet, ist der Poesie nicht würdig. Es ist die Solidarität in Menschlichkeit die hier Anker wirft. Es ist die Zuversicht zum Menschenrecht vor den Menschen das da wird ein Himmelreich auf Erden, der Mensch sich reinigt von einer Schlacke. Die ganze wahre menschliche Poesie erwächst aus sich da hin. An den Fragen sollten wir uns entwickeln. Wir alle. Auch die Bestien unter uns. Glaubt nicht Ihr siegt Bestien, menschlich geschminkt, mit euren Schriften, geschmiedeten Gesetzen. Soldatisch bewacht. Werbetafeln voller Lügen. Nein. Ihr läst töten, ihr tötet immer nur das Einzelne. Heimtückisch. Moralisch verlogen. Das Ganze der Menschlichkeit wird euch verdauen, ausblähen. Im Wind hinfort, im All erfrorn, hin fort. Nicht einmal die Einsamkeit tut weh, da Nichts mehr weiß von Euch.

Woyzeck, setz Dich, überlege, überwachse dich. Erkenne das Perfide, wo der Kleine seines gleichen bedrängt, ersticht, erwürgt, mit Dynamit dich zerfetzt. Nein. Laß dich nicht beeindrucken von einem Auftritt des Moments. Sekunden Schauspiel. Gestriegelt, stramm in den Lenden. Einakter mit ausgiebigem Feuilleton. Ein unwürdiges rituales Geplänkel unter volljährigen Buben um ein keckes Röckchen, zu grausamen Spiel. Wer es nicht erkennt und dies billige Theaterstück nicht verlässt, spielt um einen Sold.

Woyzeck, meine, deine, unsere Liebe sollte sein das Menschengeschlecht. Nicht das verdorbene, knechtsche, träge, selbst in den eingeschränktesten Erfahrungen und bequemsten Gegebenheiten, dieses uns alle Aussicht nimmt ins Selber Sein. Nein. Wir sollten die großen, schönen Anlagen selbst im verdorbenen Menschen lieben. Ihm dies öffnen zu den Geschlechtern kommender Jahrhunderte. Unser aller Kinder sollen besser werden, dahin ihnen den Weg ebnen. Die Gitter sprengen. Die Eisenkugeln aus dem Kopf rollen. Ja. Eine Saat soll aufgehen, Woyzeck. Endlich. Die Jahrtausende geschundene Seele unseres Gleichen, immer wieder und ein letztes mal dann in die Vollendung. Da lügt, stiehlt, mordet keiner Schönheit Menschengeschlecht, da er begriffen hat welche Not da treibt. Jeder Mensch ist wichtig und ein Gott.

Woyzeck, der Despot ist unser Feind, der Diktator, der Ausbeuter, dieses ganze widerliche Pack misanthropisch handelnd, aber sind in deiner Schönheit erbaut, schwelend badend.

Jetzt wo wir die Wahl haben die aufgesprungene Knospe Demokratie ins erblühen zu bringen, warum nur gießt Du nicht, Woyzeck. Pflegst und hegst und wachst. Warum nur schaust du auf zu gewählten Zeitdespoten, Lügnern, Tricksern, Geheimdiplomaten. Warum nur hängst du an den Zungen Rudelwölfen, bist dienstbar allem Geschwätz. Das sind doch alles nur Anzüge, haben Schuhe an und ein Etikett. Schwatzen vom Geld das Ihnen fehlt um zu können. Aber was können diese? Sie reden, das sie glauben zu Wissen. Ein Geschwätz aus applaudierendem Establishment, Woyzeck, so heißen sie heute die dir Erbsen zu fressen geben; mit Vitaminen und bunt gefärbt, auch zu Mettwurst gewürzt, in Käsegeschmack gewälzt. Und dann gibt´s Gaffer und Geifer, dir zum Geleit in umschlossene Gemäuer. Da wirst du behütet vom Volk das kein Wir ist. Es sind getretene Patrioten quer über einen Platz zu Oh und Buh. Lederköpfe voll Luft spielen Deutschland trainiert und schwatzende Buchdeckel auf den Rängen, Eintrittskarten frei weil Privilegiert bewachen ihr Reglement.

Woyzeck, des Armen Chance ist die Tat in der Gemeinschaft mit ihrer ganzen Farbenpracht, den Sprachen und Musiken, in Achtung und ihren Würden, aus dem Mageren, aus der Leichtigkeit dieses Seins. Weil nichts mehr zu verlieren, gewinnen Wir alles. Und denke immer an die Kinder aller Farben das Wir mit ihnen werden eine rhizomische Menschlichkeit. Jedes, jedes Bestiengift transformieren Wir zur Nahrung in die wunderbaren Wünsche zu wunderschönem Menschengeschlecht, dem Planetenmenschen allen Farbenspiels die dann gleiten durch die Universen aller Zukünftlichkeit.

Woyzeck, das ist ein Traum. Baun, baun, baun.

Weil doch die Wirklichkeit so Tod ist.

Weil doch nur der Erfolg lebt. Television.

Woyzeck, unser Schicksal ist die Zukunft. Wir lügen nicht mehr, wir stehlen nicht mehr, wir morden nicht mehr. Wir sind Alle.

Rainer Wieczorek im Februar 2012, zu Berlin