Im März diesen Jahres hatte ich mit rund 1000 Volksvertretern dreier Parlamente kommuniziert, in der Absicht, dass man meinen Gedanken zur Kenntnis nimmt. Drei Antworten, das war der Mühe Lohn. Ich möchte Sie erinnern:
Sie „… sollten…, sehr geehrte Damen und Herren, mehr Partizipation ermöglichen an der Gestaltung in diesem Land, und zwar angemessen an den Zeitressourcen, dem Bildungsstand oder Informationsstand unserer Bürger und Bürgerinnen. Es macht doch einen erheblichen Unterschied, ob jemand auf Grund seiner beruflichen Existenz an der Demokratie seinen Lebensunterhalt verdient oder ob er im allgemeinem Interesse der Erhaltung der Demokratie in sie eigene Mittel investieren muss.
Denken Sie doch bitte einmal darüber nach, ob nicht ein Bruchteil des Steueraufkommens Sachgebieten zufließen könnte, die von Bürgern und Bürgerinnen ausgewählt worden sind. Vielleicht gäbe ein Fragebogen, der dem Antrag für den Lohnsteuerjahresausgleich beiliegen könnte, Auskunft über diese Bürgerwünsche.“
Und ich füge einen zweiten Gedanken hinzu. Es betrifft die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Finanzieren Sie doch einmal einige Pilotprojekte in der Art, das qualifizierte Gruppen von Arbeitslosen, bei laufenden Bezügen, (und vielleicht mit Unterstützung von Beschäftigungs-gesellschaften oder anderer Fachkompetenz) den Auftrag bekommen eine Firma zu gründen, die sich nach einer Anschubfinanzierung, selbst trägt. Es können ja Experimentierprojekte oder gesellschaftlich sinnvolle Projekte mit vagen Erfolgsaussichten sein , für die sich der Rest der Wirtschaft erst interessiert, wenn der Erfolg da ist. Ich würde von solch einem Projekt erwarten, dass Pioniergeist, Empathie und Emotion unter den Beteiligten so stark anwächst, dass dies ausstrahlt in ihre Lebenszusammenhänge. Von solch einem Projekt soll auch wirtschaftlicher Erfolg erwartet werden und Impulse für mehr Wachstum in der Region. Ein krasses Gegenteil wäre hier immerhin ein selbstverantwortetes Scheitern, und das ist hier gefedert durch die Gruppe am Ende positiver zu bewerten als ein Scheitern im Kontext „anonymer Mächte“. Auch übt sich hier Gesellschaft in Richtung mehr Selbstständigkeit und Selbstverantwortung und im Bauen von neuen Wirtschaftszusammenhängen. Eine Chance geben, für ein „Arbeitslosenkollektiv“, das eine „Kollektivfirma“ bildet, die im freien Wettbewerb sich behauptet.
Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren, was haben Sie zu verlieren? Eigentlich nichts! Der ganze Arbeitslosenmarkt dümpelt seit Jahrzehnten dahin, hat sich zu einem Selbsterhaltungssystem entwickelt, und wie überall in unserer Gesellschaft, mit der gegenwärtigen Tendenz, die öffentliche Geldknappheit so zu verteilen, dass viele arm werden, damit einige ihre Privilegien über die Zeit retten.
Ich persönlich rechne mit sozialen Unruhen. Die werden ebenso plötzlich da sein, wie ihrerzeit die Mauer dann sehr schnell verschwand.
Exportweltmeister zu sein, ist das eine. Die Steigerung der Quote an Verlierern im eigenen Land, ist das andere.
Vergessen Sie bei Ihrem „Globalisierungskampf“ nicht unseren „Kindergarten“.
Mit freundlichem Gruß
Rainer Wieczorek, Berlin, September 2005