Die Globusdebatte

Weltbild, Weltkultur, Weltordnung, Weltanschauung, Weltgesellschaft, Weltheimat, Multikulturalismus, Multikultur, Interkultur, Transkultur, Megakultur, Globalkultur, globale Weltkultur, Global City, alles ist am globalisieren, am debattieren und vor allem am manipulieren. Die Begriffe sind vielfältig. Stark dominierend bei den Diskussionen um das was ist Globalisierung ist der wirtschaftliche Aspekt. International agierende Konzerne, der Globusreiche die sich in dieser Welt ihre Vorteile nehmen wie es ihnen passt. Billigste Steuern hier, beste Schulbildung für ihre Kinder woanders, die medizinische Versorgung ebenso. Die Wiedergeburt des Marxismus als Management Ideologie (Ulrich Beck 1997). Globalisierung ist auch Neuverteilung. Und je weniger Bildung, Vermögen und Freiheit der Einzelne hat, im übertragenen Sinne diverseste Gruppierungen bis hin zum Nationalstaat ebenso, desto schlechter wird bei der globalisierten Neuverteilung von Reichtum abgeschnitten. Ulrich Beck(1997) wirft die Frage auf: „Wieviel Armut verträgt die Demokratie“. Es soll keine Zweckgemeinschaft mehr existieren zwischen dem global Reichen und den Armen. Politisches Denken, gesellschaftliches Denken reduziert sich und verkommt immer mehr zu einem rein betriebswirtschaftlichen Denken über alles. Der wildgewordener globale Kapitalismus muß entschieden neu geregelt werden, man muß ihn schützen vor sich selbst, von ihm muß Verantwortungsübernahme erzwungen werden, zum formalrechtlichen Bestandteil werden in den Nationalstaaten, in dieser Welt. Die Vorstellung der neuen Reichen der sozialen Verantwortung in Form von Wohltat aus dem privatem ermessen heraus nachzukommen und nicht durch Steuern, ist eine Absage zu erteilen. Den Nationalstaaten wird der Verlust ihrer Souveränität prophezeit da sie im neuen globalen Spiel die Regeln nicht mehr bestimmen können. Ein Büro von Global Players organisiert sich schneller als schwerfällige Verwaltungsapparate von Nationalstaaten und hier muß der Bürger abwarten die Entwicklung bzw. er schaltet sich ein und kämpft für eine bessere Welt. Organisier dich in Attac oder entdecke dein Einfluss als Konsument, der es versteht sich zu verweigern, der es versteht sich weltweiter Verweigerung anzuschließen. Es kann doch nicht so schwer sein ein Tag mal gezielt eine Globale Marke im Regal stehen zu lassen um Räson einzufordern. Ich persönlich geh da ganz pragmatisch vor und praktiziere auch persönlich Verweigerung und propagiere eine Haltung im Sinne von Global Denken und Lokal Handeln. Ich tue es einfach, tue es einfach. Ich rufe alle Künstler auf daran mitzuwirken globale Widerstandsformen populär zu machen, neue zu erfinden. Eine bessere Welt haben wir alle nötig.

Die Globalisierung ist ein Prozess. Dieser Prozess kann geschichtlich Betrachtet werden. Es kann darüber geredet werden ob Globalisierung vor Christoph Columbus begann, bei Marx, mit dem Modernen Kapitalismus, der Industrialisierung, Imperialismus oder Kolonialismus, mit dem Ende des Ost-West Konfliktes oder erst das Internet Globalisierung möglich gemacht hat. Das alles kann Bestandteil einer Betrachtung sein. Egal welcher historische Beginn genommen wird, die Globalisierung ist Prozesshaft und nimmt sich immer mehr Themen an, dringt in immer mehr Lebensbereiche und muß nicht automatisch negativ besetzt sein. Auch die Künste und ihre Künstler sind betroffen. Auf Film, Buch, Musik drückt die Marktliberalisierung besonders ausdauernd, da hier besonders gut eine Massenproduktionshafte Monokultur, mit Milliardengewinnen aufgebaut werden kann. Betriebswirtschaftlich perfektionierend, immer den Mainstream schnell erreichen wollend. Madonna morgens, mittags, abends. Madonna am Montag, Madonna am Dienstag, Madonna am Mittwoch, Madonna am nächsten Montag immer noch. Ein Leben lang, rund um den Globus in allen Radiogeräten, Fernsehern, die Kinos voll mit Madonna. Überall abgedruckt die virtuelle Schönheit. Eine Madonna reicht nicht, da gibt’s dann noch Jacko´s, Jonnies, Helden und Schönheitsproduktionen am laufenden Meter, aber immer auf der suche nach guter Verkaufbarkeit. Immer ein Halleluja auf Glanz, Glitter, Mainstream, Kitsch und virtuellem Reichtum.

Auch bei den Bildenden Künste werden globale Strategien der negativen Art erprobt. Thomas Krenz und das Vermögen der Guggenheimstiftung arbeiten am Konzept einer globalen Museumskette mit massentauglichen Kassenrennern. Getragen von der Idee das Museum zum ultimativen Entertainment – Komplex auszubauen. Es wird mit Sponsoren zusammengearbeitet. Das Dankeschön im New York´er Guggenheimmuseum sind dann Ausstellungen am falschen Ort. Modedesign von Armanie und Motorräder von BMW bekommen Museumswürde verliehen, wollen Kunstwerke sein. Duchampe dreht sich im Grab um. Unsere eigene Kunstschickeria verhält sich ja ähnlich. Die Nationalgalerie beherbergt in ihren Wänden schon mal Ferraries und zur Zeit Modedesign von Armanie. Ich spreche bei dieser Gelegenheit gerne von unseren Nationalidioten. Die großen Internationalen Ausstellungen, Bienalen, Dokumenta usw., kann ich nur über die Medien beobachten und dann beobachte ich Monotonie und eine Berichterstattung das hier die Kunst stattfindet und sonst nirgendwo in dieser Welt. Ein internationaler Wanderzirkus an Kunst sucht Profilierung oder im negativen Sinn gibt sich Global. DisORIENTation, eine Kunstausstellung vor kurzem in Berlin im Haus der Kulturen der Welt die, die junge arabische Kunstszene des Nahen Ostens umfassend vorstellt, würde ich auch als global Monoton beurteilen. Diese Art von Kunst kann man in jedem westlichen Museum entdecken. Wie bei Rinke oder Warhol werden mosaikartig ganze Wände mit Fotos inszeniert. Man kennt alles bereits. Globale monotone Kunst nach westlichen Standards.

Bei den großen, etablierten Kunstausstellungen zur zeitgenössischen Kunst, ich glaube nicht, das die Kolleginnen und Kollegen da gute Beiträge für eine Weltkunst liefern dessen sich das Menschheitsgedächtnis annimmt. Es sind meineserachtens Konsumartikel die da erarbeitet werden für einen globalen Kunstschickeriageschmack. Die Künstler sind überfordert, beim anfüllen der großen Säle rund um die Welt, mit Kunst und darum gibt es so viel Dekoration.

Mehr ernst bei den Themen und ihrer Umsetzung. Um gewichtiges Kämpfen, es in seinem Werk integrieren auch globale Thematik aufzeigen.

Ich will hier Globalisierung noch einmal vom existentiell her betrachten.

Der Globalisierungsprozess ist Offen und Unbestimmt. Alle sozialen Prozesse sind bis dato Offen und Unbestimmt. Der Mensch hat es bis dato nicht geschafft sich eine soziale Ordnung zu geben die verbindlich aus dem persönlichen heraus bedingungslos akzeptiert wird. Existentielle Grundfragen, Grundrechte, Grundbedingungen individuellen Lebens, Menschenrecht, ist global betrachtet relativ. Nahrungsbeschaffung, Heimat haben, Leben können, Bildung bekommen, teilhabe an medizinischer Versorgung alles relativ.

Am Beispiel: „Du sollst nicht töten“. Ein für jeden Menschen wichtiger Ordnungsfaktor, das wichtigste Grundgesetz überhaupt, für den einzelnen Menschen, für die Menschheit. Dieses Grundgesetz findet täglich ungezählte Befolgung und Abweichung.

Ein und der selbe Mensch kann getötet werden in dieser Welt:

  1. ganz legitim aus politischen Erwägungen ,der Staatsfeind.
  2. Juristisch, hat Verbrechen nach dem Gesetz begangen.
  3. Die Tradition und die Blutrache.
  4. Ausnahmezustände, im Krieg, bei Revolutionen.
  5. Aggression, im Alkoholrausch wird vieles entschuldigt.
  6. Der Fanatismus tötet den anderen Glauben, die andere Hautfarbe, die andere Lebensweise.
  7. Die Moral tötet sehr gerne sexuelle Orientierungen.

In dieser Aufzählung kann ein Mensch ganz legitim getötetet werden, mit der Variante großer Entschuldbarkeit und Ahndungslosigkeit für den Töter. Eine Macht entscheidet zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort über eine Tötung. Diese Macht ist geschichtlich immer relativ und entscheidet auch immer relativ. Die gleiche Tötung, der gleiche Täter, die gleiche Tat ist legitim oder sie wird geahndet. Töte einen Tyrann, es ist gut! Töte einen Messias, es ist böse! Der Tyrann wird als ein Messias gefeiert und ein Messias gebiert sich als Tyrann und es ist normal in dieser Welt. Tyrannen und Messiasse haben viele Namen und viele Geschichten, mit vielen Biografien. Tyrannen und Messiasse haben Namen, sind im Menschheitsgedächtnis präsent mit ihren Tötungen. Andere lassen sich nur in privaten Zusammenhängen denken, agieren nur hier. Andere sind nur noch in unterbewussten kollektiven Gedächtnis, nur noch in den Genen interpretierbar.

Soziale Prozesse, in welchen zusammenhängen sie immer Gedacht, Kommuniziert und Gehandelt werden sind und bleiben Offen und Unbestimmt solange es keine Grundgesetze des Zusammenlebens gibt, die letztendlich universal, also global sein müssen. Du sollst nicht Töten ist erst dann ein verbindliches Grundgesetz geworden wenn seine Missachtung durch den Menschen so starke Natur geworden ist das der Körper sich meldet. Wie der Körper sich meldet bei Hunger und Durst und dann Trinken und Nahrung braucht.

Was aber braucht ein Körper der Getötet hat? Was befolgt ein Körper der Getötet hat? Wie ist das relative am Töten zum absoluten nicht Töten zu verändern? Wie und Wann ist das Grundrecht nicht getötet zu werden Wirklichkeit geworden in dieser Welt! „Du sollst nicht töten!“, ist eine Forderung des Christentum, vieler Religionen, ethischer Traditionen, Philosophen, Denkern und soll verpflichtendes Gebot sein in einer Weltethik. Keine neue Weltordnung ohne ein Weltethos. „Mit Weltethos meinen wir einen Grundkonsens bezüglich bestehender verbindender Werte, unverrückbarer Maßstäbe und persönlicher Grundhaltungen.“ (Hans Küng, 1993)

Die Künstler sollten sich zu Propagandisten einer besseren Welt machen. Meine eigene Kunst will hier einen Beitrag liefern und es ist mein persönlicher Halt, meine Hoffnung, meine Überzeugung, mein Glaube in dieser Welt, das meine Kunst hier wirkt und etwas bewirken kann. Der Mensch hat einen hang zur Unsterblichkeit. Dies kann nur eine Metapher sein, für tiefe unbegriffene Wünsche. Der Wunsch nach Überhöhung, der Wunsch sich im Menschheitsgedächtnis zu verankern ist groß und wir, die andere Menschheit sollten sie Namenlos machen unsere Mörder, Tyrannen, Generäle, das ganze miese und habgierige lynchende Pack. Ich bin Überzeugt davon, es hilft.

Rainer Wieczorek, Juni 2003