Als Künstler bin ich Generalist, einer der sich nicht einschränken will, in keinem Stil, keinem Programm sich selbst beendet, der nicht seine evolutionären Arbeitsprozesse in eine Sackgasse führen will. Das gilt auch für die Substanz meiner Arbeit dem Malen und Zeichnen. Beides gehört zusammen, nicht nur bei mir selbst und der Art meiner Malerei, in der die Linie dominiert, auf ihr basiert. Jeder Maler sollte die Schulung des Zeichnens für sich entdecken und nutzen. Im Zeichnen entwickelt sich eine enorme Formenvielfalt, Entschlussfreudigkeit und Konkretheit, die weiterhilft. Das Zeichnen bildet die Hand des Malers.
Es ist ein Irrtum, zu meinen, einzig Fortschritt in der Kunst, in der Malerei sei es, eine Erfindung durchzusetzen. Erfindung als Selbstzweck, als Avantgardebeleg, als Indiz für Bedeutung, Erfindung per se verlässt die Malerei ganz schnell und letztendlich den Kontext Kunst.
Ein Blatt Papier und ein Stift bergen ein Potential für Unendlichkeit an Geist, während die Materialschlachten der zeitgenössischen Kunst vielfach nur Blendung ausmachen. Ein Baum, ein Farbklecks, Akt oder Ornament, Figürliches, Abstraktes bis Symbolistisches, das was Dadaismus, Surrealismus oder auch Kubismus genannt wird, kann immer wieder neu erfunden werden oder wie ich es tue, diese Grundlagen, als evolutionären Arbeitsansatz auffassen.
Hier ist ein Schatz an Vorgaben, der durch Kombination und Detailforschung ins Riesige weiterwachsen kann. Kunstspezifische Räume mit den Gegenständen aus der realen Welt zu dekorieren, ist zum Irrtum geworden. Erfindung aus dem einen Kontext in den Kontext der Kunst zu überführen, ist nicht automatisch eine Neuerung in der Kunst. Deine Individualität, dein ureigenstes Wesen, deine Wahrhaftigkeit zählt. Schaffe Bedeutung für die Welt, produziere deine Wahrheit für die Kunst. In dieser Wahrheit der Kunst, liegt etwas Subtiles, eine Vorbereitung, eine mögliche Interpretation der Wahrheit an sich, diejenigen, die dem Menschen zu erkennen möglich ist.
Rainer Wieczorek 2002